Strahlenvernetzung und Anwendungsgebiete

Von der Masse zur Klasse: Kunststoffveredelung durch Strahlenvernetzung

Strahlenvernetzung verleiht preiswerten Massenkunststoffen und technischen Kunststoffen die mechanischen, thermischen und chemischen Eigenschaften von Hochleistungskunststoffen. Dieses „Upgrading“ ermöglicht ihren Einsatz unter Bedingungen, denen diese Materialien sonst nicht standhalten. Die energiereichen Beta- oder Gammastrahlen lösen chemische Reaktionen in den Kunststoffteilen aus und führen so zu einer Vernetzung der Moleküle – vergleichbar mit der seit Langem genutzten Vulkanisation bei Kautschuken.

Da das fertige Kunststoffprodukt auf diese Weise verändert wird, ist es sogar möglich, den Grad der Vernetzung bzw. des Vernetzungsverfahrens innerhalb der Komponente zu variieren, indem Teile des Produkts vor der Strahlung geschützt werden. So hilft Ihnen BGS bei der Optimierung der Werkstoffeigenschaften von Kunststoffen und eröffnet neue Anwendungsbereiche.

Anwendungsgebiete im Überblick:

Prozess bei Raumtemperatur, Normaldruck

Das Verfahren arbeitet bei Raumtemperatur und unter Normaldruck.

Vereint die Vorteile von Thermoplasten und Duroplasten

Die Bestrahlung erfolgt nach der Formgebung. Dadurch werden die vorteilhaften Verarbeitungseigenschaften von Thermoplasten mit den Eigenschaften von Duroplasten kombiniert.

Flexible Parameter

Die Parameter lassen sich flexibel an die jeweiligen Anforderungen anpassen.

Erhebliche Kosteneinsparungen

Der Einsatz von relativ kostengünstigen Massen- bzw. Engineering-Kunststoffen bringt erhebliche Kosteneinsparungen. In der Regel entfällt dadurch die Anschaffung neuer Spritzgießwerkzeuge.

Frei von Vernetzungschemikalien

Das Einmischen von Vernetzungschemikalien wie Peroxiden entfällt. Hierdurch entstehen Vorteile bei Materialkosten, Reproduzierbarkeit und Verarbeitung. Der Verzicht auf eine In-line-Vernetzung bei PE-Rohren erlaubt beispielsweise drei- bis viermal höhere Extrusionsgeschwindigkeiten.

Keine Einwirkung auf Verarbeitungsgeschwindigkeit

Die Vernetzung erfolgt nach der Produktion als ausgelagerter Verfahrensschritt bei BGS. Dadurch kann die Herstellung Ihres Produktes bei optimaler Geschwindigkeit erfolgen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Kunststoffproduktionsabfall (zum Beispiel Einspritzreste) dem Prozess einfach wieder zugeführt werden kann.

Mögliche Werkstoffkombinationen

Strahlenvernetzung ist auch für Materialkombinationen geeignet – selbst Metallteile können in Kombination mit polymeren Werkstoffen bestrahlt werden.

Polymere Werkstoffe

Viele polymere Werkstoffe eignen sich für die Strahlenvernetzung. Generell lassen sich alle Kunststoffe durch Strahlenvernetzung optimieren, die mit radikalischen Initiatoren, wie Peroxiden, vernetzt werden können. Im Gegensatz zu chemischen Vernetzungsmethoden findet Strahlenvernetzung jedoch bei niedrigen Temperaturen statt. Die am häufigsten veredelten Kunststoffe sind die mit der größten Anwendungsbreite: Polyethylen (PE) und seine Copolymere, Polyamid (PA), Polyester wie PBT sowie Polyvinylchlorid (PVC). Für einige Werkstoffe mit geringer Reaktivität ist ein spezieller Vernetzungsbeschleuniger notwendig. Diese Zusätze können entweder direkt vor der Formgebung zugegeben, als Masterbatch zusammen mit dem Rohgranulat zugefügt oder direkt als fertiges Compound eingesetzt werden.

Geeignete Werkstoffe

Polyamide
Polyethylen
PBT
TPE
Polypropylen
Polyurethane
Weitere Materialien

Wenn Polyamide strahlenvernetzt werden, können sie deutlich höheren Temperaturen von bis zu 350 °C standhalten und weisen ein deutlich verbessertes Verschleißverhalten auf. Auch die Formbeständigkeit unter Wärmebelastung wird verbessert. Strahlenvernetztes Polyamid kann oft Duroplaste bzw. teurere Hochleistungskunststoffe wie PPS, PEI, LCP etc. ersetzen. Zu den langjährig bewährten Anwendungen gehören strahlenvernetzte Bauteile für die Elektro- und Automobilindustrie – beispielsweise Schaltkomponenten oder Komponenten des Motorinnenraums – sowie Bauteile für den Maschinenbau. Zu den zurzeit bevorzugten Typen gehören PA 6, PA 6.6, PA 11 und PA 12. Polyamide müssen zur Vernetzbarkeit ein spezielles Additiv (Vernetzungsverstärker) enthalten.

Die Vernetzung von Polyethylen (PE) erweitert das Anwendungsspektrum dieses Kunststoffes für den Einsatz bei erhöhten Temperaturen oder bei hohen mechanischen und chemischen Anforderungen. Alle Polyethylentypen (PE-HD, PE-LD, PE-UHMW etc.) und ihre Copolymere (EPDM, EVA) sind strahlenvernetzbar. Als teilkristalliner Werkstoff wird PE im Wesentlichen in den amorphen Bereichen vernetzt – Kristallisationsgrad und Dichte bleiben nahezu unverändert. Strahlenvernetztes PE-Xc ist ein bewährtes Material für Rohre und Schläuche, die beispielsweise in Fußbodenheizungen sowie der Gas- und Wasserversorgung eingesetzt werden. Aber auch andere Anwendungsbereiche, wie Transportkisten und rotierende Komponenten, profitieren von den signifikant verbesserten mechanischen Eigenschaften des bestrahlten PE.

Der Vorteil der Strahlenvernetzung bei PBT ist eine erheblich höhere Hitzebeständigkeit: Hierdurch sind kurzzeitige Temperaturbelastungen bis zu 400 °C möglich. Ein wichtiger Anwendungsbereich ist beispielsweise die Elektroindustrie. Duroplaste lassen sich dank Strahlenvernetzung durch Thermoplaste ersetzen, woraus sich deutliche Verarbeitungsvorteile ergeben.

Die Vernetzung von thermoplastischen Elastomeren (TPO, TPC und TPA) gewinnt immer mehr an Bedeutung. Vorteile sind verbesserte Druckverformungsreste und Hot-Set-Werte. In der Kombination ergibt sich der Vorteil der einfachen Verarbeitung eines TPE mit den Eigenschaften eines Elastomers.

Prinzipiell ist die Vernetzung von Polypropylen ebenfalls möglich, obwohl dieses Material eher zu Abbaureaktionen neigt. Der Erfolg der Bestrahlung hängt von der Auswahl eines geeigneten (Co-)Polymertypen in Kombination mit einem Vernetzungsbeschleuniger ab. Unsere Experten stehen Ihnen gerne zur Beratung zur Verfügung.

Durch ihren chemischen Aufbau können Standard-PU-Typen durch Bestrahlung nicht vernetzt werden. Es sind jedoch modifizierte Typen erhältlich, die sich durch Bestrahlung leicht vernetzen lassen. Bitte sprechen Sie mit Ihrem Rohstofflieferanten.

In den vergangenen Jahren kamen viele neue Materialien und Copolymere auf den Markt. Es ist nicht möglich, alle zur Vernetzung geeigneten Materialien aufzulisten. Grundsätzlich funktioniert eine Strahlenvernetzung immer dann, wenn eine chemische Vernetzung mit radikalischen Initiatoren (wie Peroxiden) möglich ist. Bitte wenden Sie sich an unsere Experten!